topplus Innovationsmagazin Ackerbau

Ökolandbau: Wasserschutz kommt nicht immer von allein

Wasserschutz ist das Leitthema der diesjährigen Öko-Feldtage. Gustav Alvermann zeigt, dass dieser nicht automatisch mit dem Ökolandbaus einhergeht. Er kann aber unter Umständen gut funktionieren.

Lesezeit: 9 Minuten

Der ökologische Landbau verpflichtet sich selbst, auf jegliche synthetischen Produktionsmittel zu verzichten. Ist er damit in Sachen Wasserqualität aus dem Schneider? Beim chemischen Pflanzenschutz bzw. dessen Abbauprodukten ist das so. Findet man dennoch Reste, so handelt es sich um Altlasten oder diffusen Eintrag.

Sachgerecht der Nitrataustragung vorbeugen

Beim Nitrat hingegen ist das Bild differenzierter. Lange Zeit wurden Stickstoff-Mineraldünger als deutlich besser steuerbar eingeordnet als Wirtschaftsdünger. Leguminosen als Vorfrucht hatten ohnehin einen ganz schlechten Ruf. Heute weiß man, dass Futterleguminosen während es Wachstums und bei regelmäßiger Nutzung – kein Mulch – kaum Nitrat entlassen.

Man weiß auch, dass auf mildem Land ein Herbstumbruch tabu ist. Die richtige Abfolge: erst die Sommerung mit Umbruch des Futterschlages ausgangs Winter und dann eine frühe Winterung. Bei Körnerleguminosen verhält es sich mit dem Nachernte-Nmin nicht anders als nach Raps oder Kartoffeln. Letztere übertreffen die Leguminosen im Nmin-Wert sogar häufig. Zudem kann man nach Körnerleguminosen meistens noch im August Zwischenfrüchte etablieren, die den Nitrat-Wert deutlich senken. Mit dieser "Vorrede" ist aber gleichzeitig gesagt. Wenn man im Öko-Landbau nicht sachgerecht vorgeht, kommt es beim Nitrat auch dort zu kritischen Entwicklungen.

Limitierten Stickstoff in hohe Erträge verwandeln

Was den Ökolandbau grundsätzlich wasserverträglich macht, ist das Fehlen von massiver Tierkonzentration. Sein bundesweiter Tierbesatz von 0,4 Dungeinheiten pro Hektar ist im Schnitt eher zu wenig als zu viel. Zudem können Fehler beim Stickstoff-Management nicht durch Mineraldünger ausgebügelt werden – die Rückmeldung unsachgemäßen Vorgehens ist unmittelbar. Es gibt kaum einen Konflikt zwischen ertragsorientierteer Bewirtschaftung und der Wasserorientierung. Wer es schafft, den limitierten Stickstoff in hohe Erträge zu verwandeln, handelt in der Regel auch grundwasserkonform.

Einen Konflikt gibt es eher bei der Auswahl der Kulturen. Die Wasserwerker sehen am liebsten extensiven Futterbau und Getreide – allen voran Roggen. Das Geld bringen aber Körnermais, Kartoffeln und Gemüse. Mit mehr Geld über die Blattfrüchte ist aber meist auch mehr Nmin im Herbst verbunden. Diese Kulturen brauchen diverse Zusatzmaßnahmen, damit dem Wasserschutz Genüge getan wird. Insgesamt allerdings arbeitet Bio-Ackerbau im Schnitt der Betriebe und Kulturen mit der halben Stickstoff-Intensität von konventionell – das entschärft die Sachlage sehr.

Herausforderung Trockenheit - Beispiel Gut Canitz

Grundwasserkörper sind nicht überall gleich. Probleme bereiten Regionen, in denen im Schnitt der Jahre eine sehr geringe Grundwasserneubildung vorherrscht. Wenn bei regelmäßig sommertrockenen Bedingungen im Herbst und Winter etwa 200 mm Niederschlag auf einen Boden mit 150 mm nutzbarer Feldkapazität fallen, dann bleibt nur eine geringe Sickerwasserrate übrig. Die Leipziger Tieflandsbucht bietet solche Bedingungen. Dort können kaum messbare Auswaschungsmengen von 10 oder 15 kg N/ha und Jahr über kurz oder lang doch zu ansteigenden Nitratwerten im Grundwasser führen.

Das Wassergut Canitz, das sein Hauptprodukt bereits im Namen trägt, ist gut geeignet, kritische Punkte des vorsorgenden Wasserschutzes zu identifizieren, Lösungen zu erarbeiten und den resultierenden Erfolg zu dokumentieren. Der landwirtschaftliche Betrieb der Leipziger Wasserwerke ist folgerichtig Austragungsort der Öko-Feldtage 2025. Die wasserschützerischen Bemühungen münden in die Formulierung von Geschäftsführer Dr. Bernhard Wagner: „wasserschutz-optimierter Ökolandbau“.

Achtjährige Fruchtfolge sichert Stickstoffversorgung

Auf Gut Canitz wird eine achtjährige Fruchtfolge gefahren. Die gesamte Stickstoff-Versorgung fußt auf einem zweijährigen Luzerne-Schlag und der Rückführung der entnommenen Aufwüchse als Rindermist, Düngesilage oder als „cut & carry“ – vorzugsweise zur Zwischenfrucht zur folgenden Sommerung. Der Luzerne folgen Hafer, Winterweizen + Ölrettich, Kartoffeln, Winterweizen + Phacelia, Zwiebeln oder Soja sowie Dinkel.

In die Luzerne wird Spitzwegerich eingemischt, der nach Umbruch als biologischer Nitrifikationshemmer wirkt. Die Körner-Erbse wurde zu Gunsten von Soja aufgegeben, weil Soja weniger Rest-Nmin hinterlässt. Auf organischen Zukaufdünger wird verzichtet. Bei der Bodenbearbeitung gibt es drei Jahre nacheinander keine Herbstbearbeitung.

Nach dem letzten Getreide wird die Stoppel gemulcht und bleibt über Winter unangetastet liegen. Im Frühjahr wird mit geringem Eingriff zweijährig genutzte Luzerne angesät und erst zur Sommerung ausgangs Winter umgebrochen. Wo nach Winterung eine Stoppelbearbeitung stattfindet, steht eine Sommerzwischenfrucht.

Ökolandbau als Instrument des Wasserschutzes

Ökolandbau mit wirtschaftlichem „Rückenwind“. In dieser Situation zeigt sich Ökolandbau per se als rentabel. Oft – aber nicht immer – ist das in Regionen mit niedrigem Pachtniveau und extensiver Ausgangslage der Fall. Dann braucht es keinen weiteren Schub.

Ökolandbau mit „Zusatz-Segel“. Hier braucht es einen wirtschaftlichen Anreiz für die Umstellung. Das kann einzelbetrieblich der Fall sein, wenn man z. B. in Niedersachsen Freiwillige Vereinbarungen aggregiert und zur Bioprämie und Grundprämie hinzu addiert. Je extensiver die Ausgangssituation, um so eher funktioniert das.

Begrenzung des „Gegenwindes“. Ein Wasserversorger nimmt landwirtschaftliche Flächen in Besitz und verpachtet sie mit Auflagen – z. B. „Ökolandbau plus“ – zu vergünstigtem Satz an private Betriebe. Das macht beispielsweise der OOWV in seinen Wassereinzugsgebieten.

Herausnahme der Flächen aus dem Wettbewerb. Dem Wasserversorger gehören die Flächen, und er wirtschaftet dort in Eigenregie. Das ist beim Wassergut Canitz im Besitz der Wasserwerke Leipzig der Fall.

Erfolgskontrolle und Dokumentation spielen im Wassergut Canitz eine große Rolle. Das wichtigste Instrument ist die Stickstoffbilanz nach dem Programm REPRO. Im dreijährigen Schnitt avisiert der Wasserversorger für benachbarte konventionelle Betriebe einen Zielwert von < 30 kg N/ha. Wird dieser erreicht, bekommt der Betrieb einen Erfolgsbonus aus den Bewirtschaftungserträgen von Gut Canitz. Dieses selbst erreicht mittlerweile einen langjährigen Schnitt von 15 kg/ha. Weniger geht kaum, ansonsten würde eine Devastierung drohen. Als weiteres Kontrollinstrument wurden Saugplatten in die Äcker eingebaut, um das Sickerwasser kontinuierlich direkt zu überprüfen.

Herausforderungen Tierkonzentration (Beispiel Weser-Ems)

Die Sandböden im Weser-Ems-Gebiet bieten einem Wasserwerker eine geradezu „sprudelnde“ Grundwasserneubildung. Herbststickstoff kann hier in nahezu dreifacher Menge im Vergleich zu Leipzig ausgewaschen werden, ohne dass im Grundwasser der Grenzwert von 50 mg Nitrat angetastet wird. Als Orientierung gelten 1 kg/ha Stickstoff-Auswaschung pro 10 mm Sickerwasser. Darüber stößt man an die Grenze für die Wasserqualität. Die Region hat im Schnitt der Jahre über 300 mm Sickerwasser. Dennoch ist sie bei Nitrat ein Sanierungsgebiet. Sie ist derart voll mit Wirtschaftsdüngern, dass sie trotz hoher Grundwasserneubildung hohe Nitratwerte im Grundwasser erzeugt.

Das Land Niedersachsen organisiert über diverse Beratungsbüros den vorbeugenden Wasserschutz in Wassereinzugsgebieten. Der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV), großer Wasserversorger in diesem Gebiet, beteiligt sich an diesem Kooperationsmodell mit der Landwirtschaft in seinen Wasserschutzgebieten. Über die Beratung hinaus werden Flächen in besonders sensiblen Zonen dem landwirtschaftlichen Wettbewerb durch Kauf entzogen und anschließend mit Auflage – bevorzugt Ökolandbau – zu deutlich erniedrigtem Preis verpachtet.

Erfolgsbilanz durch jahrzehntelange Datenerfassung

Das spezifische Wasserschutz-Know-how für den Öko-Landbau heißt hier „Ökolandbau plus“. Berater Gerd Gräper nennt die Schwerpunkte: 80 % der Bio-Marktfrüchte sind Sommerungen; Winterungen existieren nur mit wasserschutzorientierter Ausrichtung. Vor Sommerungen gilt der kategorische Imperativ einer teilweise winterharten Zwischenfrucht. Vor Wintergetreide kommt bei ausreichend früher Ernte der Vorfrucht eine Sommerzwischenfrucht mit einem verzögerten Umbruch Anfang November zum Einsatz. Bei Ernte im September – z. B. nach Kartoffeln – wird bis Mitte September Druschroggen angelegt, der dann noch etwa die Hälfte vom Herbst-Nmin wegsaugt. Oder man optiert auf Roggen als Winterbegrünung.

Der Eintrag von organischen Düngemitteln aus eigenen und überbetrieblichen Quellen wird in Summe auf eine Dungeinheit/ha begrenzt. Eine Reduktion der Herbstbodenbearbeitung findet nach Kleegras statt – Umbruch nur im Frühjahr – und nach Körnermais, weil eine Begrünung dann nichts mehr bringt. Ansonsten überwiegt eine Bodenbearbeitung mit nachfolgender Begrünung.

Für die meisten der genannten Schritte gibt es im Rahmen der Freiwilligen Vereinbarungen zusätzlich Geld, das aus der Wasserentnahmegebühr in Niedersachsen stammt. Die Wasserschutzberatung übernimmt auch die Erfolgskontrolle. Instrument dafür ist vor allem der Herbst-Nmin-Wert zum Abschluss der Vegetationszeit. So entstand ein dichtes Netz langjährig erhobener Daten. Dr. Christina Aue vom OOWV nennt für „Ökolandbau plus“ einen Schnitt über die Kulturen und Jahre von 35 kg Nmin. Das entspricht dem Zielwert und ist etwa 20 kg geringer als unter konventioneller Bewirtschaftung mit Wasserschutzorientierung in dieser Region – allerdings mit deutlichen Schwankungen innerhalb beider Segmente.

Regionen mit geringerem Nitratproblem - Baden-Württemberg

Bioland-Berater Jonathan Kern berichtet, dass lediglich 2 % der landwirtschaftlichen Fläche in diesem Bundesland als Rote Gebiete ausgewiesen werden mussten. Ursachen dafür sind die seit Ende der 1980er Jahre bestehende Schutz- und Ausgleichsverordnung (Schalvo) für Wasserschutzgebiete, aber auch Faktoren wie eine weniger starke regionale Spezialisierung, ein gesundes Verhältnis von Winterniederschlag und nutzbarer Feldkapazität der Böden und der Schwerpunkt der Niederschläge in der Vegetationszeit. Das bewirkt eine gute Mineralisierung der organischen Bodenvorräte und damit eine gute Stickstoffverwertung durch die Kulturpflanzen. Nachmineralisierung bei einsetzendem Herbstregen gibt es dann weniger. Die Biobetriebe im Südwesten können sich überwiegend gut mit den allgemeinen Vorgaben in den Wasserschutzgebieten arrangieren und sind eine vergleichsweise sichere Bank zum Erreichen der Schutzziele.

Ähnlich ist es in Unterfranken, obwohl es sich hier auch eher um eine zunehmend trockene Region handelt. Bernhard Schwab, Leiter des Landwirtschaftsamtes Karlstadt, weist darauf hin, dass der Ökolandbau sich zunächst in den eher extensiv bewirtschafteten Gebieten mit überwiegendem Grünland oder viehlosem Druschfruchtanbau ausbreitete. Dort seien dann auch durchaus mal 20 % Bio-Flächenanteil möglich. Erst in jüngerer Zeit kämen auch intensivere Regionen mit Hackfrüchten und Gemüse hinzu. Die dort mehr oder weniger tiefgründigen Lössböden ließen sich aber ohne zu große „Exerzitien“ im Ökolandbau grundwasserverträglich bewirtschaften. Einschränkungen bei den Bodenbearbeitungsterminen ließen sich einhalten; Zwischenfrüchte würden finanziell ohnehin über das Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) abgedeckt.

Das Nadelöhr: die betriebliche Rentabilität

Insgesamt zeigt sich, dass je nach Region unterschiedliche Zusatzmaßnahmen über das Grundkonzept des ökologischen Landbaus hinaus nötig sind, um grundwasserverträgliches Wirtschaften zu sichern. Wie jeweils nachgesteuert werden muss, das ergibt sich aus den Eigenheiten der Standorte und der regionalen Bewirtschaftung.

Die Gesamt-Wasserschutzleistung eines Anbauverfahrens ist "Qualität pro Hektar x Quantität der Anwendung in Hektar". Der Umfang bzw. Flächenanteil des ökologischen Landbaus in Wasserschutzgebieten ist eine größere Herausforderung als die potenziell zu erreichende Wasserqualität. Denn darüber entscheiden die einzelbetriebliche Situation und die für Öko-Landbau gegebene Vorzüglichkeit der Region. Je schwieriger die Voraussetzungen einer Umstellung über den Markt, umso bedeutender werden zusätzliche Fördermaßnahmen, um eine Bedeutung in der Fläche zu erreichen.

Selbst nach Ziehen aller Register wie bevorzugte Verpachtung, regionale Vermarktungs-Aktivitäten oder einer offensiven Anwendung des Instruments der freiwilligen Vereinbarungen beträgt der Ökoanteil in den Wasserschutzgebieten des OOWV gerade 4 %. Bei vierstelligen Pachtpreisen in Weser-Ems haben Bio-Betriebe über den freien Markt nur bei intensivem Konzept Zugang zu Flächen, z.B. mit Bio-Legehennen und blattfruchtintensiver Bewirtschaftung (überwiegend Körnermais).

Fazit

Die ökologische Landwirtschaft passt grundsätzlich gut in Wasserschutzgebiete. Der vollständige Verzicht auf chemischen Pflanzenschutz bringt Sicherheit, und beim Nitrat führt das Gesamtpaket aus defensiver Stickstoff-Versorgung, zielgerichteter Bodenbearbeitung und Herbst-Winter-Begrünung zu guten Ergebnissen.

Die reale Umsetzung steht allerdings auf einem anderen Blatt. Die Umstellung von landwirtschaftlichen Betrieben folgt trotz aller Prämien, Vermarktungsinitiativen oder Beratung einer individuellen Unternehmerentscheidung. Diese hängt ganz entscheidend von den Gegebenheiten in der jeweiligen Region ab und kann – wie gezeigt – in Süddeutschland ganz anders ausfallen als in Sachsen oder gar in Weser-Ems.

Ihre Meinung ist gefragt

Was denken Sie über dieses Thema? Was beschäftigt Sie aktuell? Schreiben Sie uns Ihre Meinung, Gedanken, Fragen und Anmerkungen.

Wir behalten uns vor, Beiträge und Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

Mehr zu dem Thema

top + Neue Energie. Klare Antworten.

Starten Sie jetzt informiert in Ihre Energie-Zukunft - schon ab 22,80 €!

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.