Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".
Im März 2015 wurde der Stall für Biolegehennen in Twist/Emsland erstmals belegt – mit braunen Bovans Hennen. Diese wurden 78 Wochen gehalten. Schon beim zweiten Durchgang wechselte der Betrieb zu weißen Dekalb-Hennen. Als einer der ersten Biobetriebe lieferten sie damals weiße Eier. Aufgrund einer besonderen Vermarktungssituation wurde diese Herde in der 80. Woche gemausert. „Es hat geklappt“, erzählt Werner Plass, wiederholen wollte er das Prozedere trotzdem nicht noch einmal. Die Arbeit sei nicht zu unterschätzen und finanziell habe es auch keinen Vorteil gebracht.
Kurz gefasst
Bettina und Werner Plass bemühen sich intensiv um ihre EU-Biohennen.
Die Anzahl verkaufsfähiger Eier konnten sie mit jedem Durchgang steigern.
Hauptaugenmerk sind die Fütterung sowie das Licht- und Auslaufmanagement.
Zurück in den Stall
Als zwischenzeitlich die Nachfrage nach Bio-Eiern zurückging, stellten Plass’ den 6. Durchgang einmal auf Freilandhaltung um. Die Leistung dieser Herde betrug am Ende 496 Eier in 101 Wochen. Im Januar 2025 wurden aber wieder 14 .180 Biohennen und 20 Hähne eingestallt. Die Hähne sollen die Herde etwas strukturieren und draußen vor Angreifern warnen.
Von der Dekalb white-Genetik ist das Ehepaar Plass überzeugt: „Das ist die Henne“, urteilt Werner Plass. Allerdings seien die Tiere etwas kribbeliger. Auch ließen sie sich schlechter fangen als braune. Doch lernen sie schnell, abends aufzubaumen und sich in die Voliere zurückzuziehen. Es gibt kaum Tiere, die hochgesetzt werden müssen. „Spätestens am dritten Abend ist das erledigt“, sagt Werner Plass.
Mit dem Bett in den Stall
Die ersten sechs Wochen nach dem Umstallen muss der Geflügelhalter aus seiner Sicht häufig im Stall sein. „Am besten holt man sein Bett hierhin“, sagt er schmunzelnd. Ganz viel hängt seiner Meinung nach vom Betriebsleiter in der Aufzucht ab. Vor allem sei entscheidend, wie gut die Tiere an den Menschen gewöhnt werden.
Vom Leistungsvermögen der Tiere zeigen sich Plass’ beeindruckt. Die bisher beste Leistung lieferte der fünfte Durchgang ab: 521 Eier wurden in 103 Lebenswochen pro Anfangshenne gelegt. Der aktuelle Durchgang ist in der 23. Lebenswoche, die Legeleistung beträgt 96,4 %. Vom Start weg zeigten sich die Tiere leistungsstark. Das Durchschnittsgewicht beim Einstallen lag sogar 40 g über dem Zielwert. Lediglich 7,36 Eier durchschnittlich legte eine Henne, bis sie das Zielgewicht von 53 g/Ei erreicht hatte. Das ist eine magische Zahl. Wenn das Durchschnittsgewicht der Eier einer Palette über 53 g liegt, erhalten Plass’ die Eier zum „erste Wahl“-Preis vergütet. 5 % der Eier dürfen dabei aussortiert werden. Plass’ erhalten dennoch den vollen Preis dafür. Die Sekunda-Ware über 5 % wird als „zweite Sorte“-Eier bezahlt.
Vorsichtiger Umgang mit "alten" Eiern
Mit zunehmendem Alter der Legehennen steigt die Anzahl Eier mit Schalendefekten häufig an. Grund ist die zunehmend schlechter werdende Verstoffwechslung und Bereitstellung des Calciums zur Schalenbildung. Plass’ reagieren darauf mit verschiedenen Managementmaßnahmen. So läuft dann das Eierband etwas langsamer, um eine Überfüllung der Bänder zu vermeiden und mechanische Einflüsse so gering wie möglich zu halten. Aber auch die Fütterung wird an den sich verändernden Bedarf angepasst.
Nicht mehr als 14 Std. Licht
Doch wie schaffen es Bettina und Werner Plass nun, die Tiere lange zu halten und dabei die Anzahl der verkaufsfähigen Eier auf einem hohen Niveau zu stabilisieren? Ein Aspekt ist die Beleuchtungsdauer. Während diese in den ersten Durchgängen noch 15,5 bis 16 Std. täglich betrug, beschränken Plass’ das Licht sechs Wochen nach der Einstallung nun auf 14 Std./Tag. Ab der Einstallung wird die Lichtdauer von anfangs 10 auf 14 Std. hochgefahren und bleibt dann konstant so. Werner Plass beobachtet, dass die Hennen sich durch die längere Dunkelphase besser regenerieren.
Management und Beratung
Gerade zum Einstallen kommt das perfekt aufeinander abgestimmte Zusammenspiel von Aufzüchter, Futtermittellieferant und Landwirt zusammen. Die Aufzucht, so erläutert Lars Raterink, Verkaufsleiter beim Unternehmen ab ovo, in diesem Zusammenhang, endet nicht mit dem Umstallen. Bis zur 30. Woche muss das Management so ausgerichtet sein, dass die Tiere mit der hormonellen Umstellung zum Legebeginn gut zurechtkommen, weiter an Körpergewicht zulegen und gleichzeitig eine hohe Legeleistung erreichen. Konkrete Hinweise für die ersten Wochen erhalten Plass’ schriftlich. Zudem schauen alle Berater in kurzen Abständen vorbei, um bei Problemen sofort gegensteuern zu können.
Anfangs Futter anfeuchten
Dem Futter kommt bei einer längeren Haltungsdauer eine besondere Rolle zu. Um die Futteraufnahme anzuregen, feuchten Plass’ das Futter in den ersten acht Wochen bei jeder Fütterung an. Dazu wurde im Stall über der Futterkette eine Wasserdüse installiert. Neben der Stimulation der Futteraufnahme hat dies noch einen weiteren Effekt: Durch das Anfeuchten haften die kleineren Partikel wie Mineralstoffe und Vitamine an den gröberen. Eine ausreichende Versorgung mit allen essenziellen Nähr- und Wirkstoffen ist somit gesichert. Plass’ feuchten das Futter seit dem letzten Durchgang an und konnten damit sprunghaft die Anzahl Eier reduzieren, die gelegt wurden, bis ein Durchschnittsgewicht von 53 g je Ei erreicht war.
Leberfunktion unterstützen
Um den Stoffwechsel der Hennen von Anfang an zu unterstützen, kommt regelmäßig eine Fettlebermischung zum Einsatz. Sie ist angereichert mit Cholinchlorid – einem wichtigen Wirkstoff für die Leberfunktion – und enthält eine höhere Vitaminierung. Die erste Fettlebermischung kommt in der Regel ab der 27. Woche für drei Wochen zum Einsatz. Im weiteren Verlauf der Legeperiode erfolgt der Einsatz regelmäßig alle zehn bis zwölf Wochen oder nach Bedarf.
Calcium je nach Bedarf
Ein wichtiger Aspekt bei längerer Haltungsdauer ist die Calciumversorgung. Im Hauptfutter beträgt der Ca-Gehalt etwa 3,5 %. Gegen Ende der Legeperiode wird dieser auf 3,7 bis 3,9 % angehoben, erläutert Michael Gerdes, Vertriebsleiter Legehenne bei der Agravis. Auch Bettina Plass selbst wird ab der 55. Woche aktiv. Über eine im Kaltscharrraum installierte Schneckenförderung gibt sie bei den Fütterungen um 15 und 17 Uhr groben Muschelkalk zu. Dieser wird dem Hauptfutter zugemischt. So gewährleisten Plass’, dass über den 21 Stunden dauernden Prozess der Schalenbildung kontinuierlich Calcium angeliefert wird. „Der Calciumgehalt wird somit dem individuellen Bedarf der Hennen angepasst“, sagt Gerdes.
Sollte die Futteraufnahme nicht hoch genug sein – zu Beginn der Legeperiode oder im Sommer beispielsweise – wird auch Monocalciumphosphat ins Futter gemischt. Dies verhindert, dass die Hennen zu viel Calcium aus den Knochen mobilisieren.
Kaum Krankheiten
Um überhaupt lange legen zu können, müssen die Hennen vor allem gesund erhalten werden. Trotz vieler Geflügelbetriebe im Umkreis treten bei Plass’ selten Krankheiten im Bestand auf. Bettina Plass glaubt, dass hier die Robustheit der Dekalb white-Hennen zum Tragen kommt. Unerlässlich bei einer langen Haltungsdauer ist die Nachimpfung gegen Salmonellen. Das ist inzwischen auch ohne Wartezeit übers Trinkwasser möglich. Im Auge behalten werden muss weiterhin das Auftreten von Colibakterien, sagt Raterink. Plass’ haben damit keine Probleme. Hier helfen auch die übers Trinkwasser eingesetzten gepufferten organischen Säuren in Kombination mit ätherischen Ölen und mittelkettigen Fettsäuren. Sie stabilisieren das Darmmilieu, versorgen das Tier aber auch mit Nährstoffen. Alle sechs Wochen wird das Produkt über drei bis vier Tage appliziert.
Sand am Stall austauschen
Ein weiterer Aspekt, um die Biohennen möglichst lange gesund zu erhalten, ist das Auslaufmanagement. Nach jedem Durchgang entfernt Werner Plass auf 10 m Breite und in einer Tiefe von 15 bis 20 cm den gesamten Sand am Stall. Darin befinden sich die meisten Keime. Befüllt wird dieser Bereich vor dem neuen Durchgang mit gewaschenem Sand. Dieser ist besonders durchlässig und versickerungsfähig. Geachtet wird bei Plass’ zudem darauf, dass die Junghennen vor dem Einzug entwurmt werden. Mit dem wechselnden Einsatz verschiedener Kräutermischungen versuchen sie, den Wurmdruck dann über eine längere Zeit im Griff zu behalten. Um die 40. Woche herum ist aber dennoch eine konventionelle Entwurmung vorgesehen. Auch wenn das aufgrund der erforderlichen Umstellung auf Freilandhaltung finanzielle Einbußen nach sich zieht – die Tiergesundheit geht vor.
Sehr wenige verlegte Eier
Ein Teil der täglichen Tierbetreuung ist das Absammeln von Bodeneiern. „Aktuell haben wir keine 30 verlegten Eier“, staunt selbst Bettina Plass. Auch hier kommt die intensive Tierbetreuung in den ersten sechs Wochen zum Tragen. Dann geht das Ehepaar bis zu zehnmal täglich durch den Stall, um verlegte Eier abzusammeln. „In der ersten Woche sind das in manchen Durchgängen bis zu 800 Eier am Tag“, sagt Bettina Plass. Im Schnitt beträgt der Anteil der Bodeneier unter 1 %. Die aktuelle Herde scheint diesbezüglich besonders gut zu laufen. Lars Raterink ergänzt, dass hierbei oft ganz viele betriebsindividuelle Dinge entscheidend sind. Beispielhaft zu nennen ist hier das Lichtprogramm. Für wichtig erachtet Raterink, dass die Stimulation der Herde stets in Absprache mit den Beratern erfolgt.