Der Düngerhersteller Yara hat am Standort Poppendorf bei Rostock in klimafreundliche Technik investiert und die Emissionen des klimaschädlichen Lachgases (N₂O) seit 2007 um 99 % reduziert. Ein Jahr nach der Inbetriebnahme der zweiten Katalysatorstufe zieht das Unternehmen nun Bilanz.
„Heute messen wir weniger als 20.000 t CO₂-Äquivalente – im Vergleich zu etwa 2,5 Mio. t im Jahr 2007“, erklärt Frank Paarmann, Geschäftsführer von Yara Rostock. „Die Zahlen von 2007 entsprechen in etwa den Emissionen eines mittleren Kohlekraftwerks“, ordnet Dr. Donald Höpfner ein. Er ist Projektleiter und Manager Strategie bei Yara Rostock. Grundlage für die Reduktion ist die DeN₂O-Katalysatortechnologie. Sie wurde seit 2008 in mehreren Schritten in die Salpetersäureanlagen integriert und zuletzt 2024 weiter ausgebaut.
Standard-Technologie in Westeuropa
Die Technologie wurde von Yara International in Norwegen entwickelt und zunächst in eigenen Werken eingesetzt. Heute ist sie europäischer Industriestandard, wie das Unternehmen angibt. Düngemittel, die mit dieser Technik produziert werden, weisen einen bis zu 50 % geringeren CO₂-Fußabdruck auf als Produkte aus Ländern ohne vergleichbare Ausstattung, so Yara.
„Die Idee war technisch relativ einfach, aber in der Umsetzung anspruchsvoll“, sagt Dr. Donald Höpfner. Im Zuge des letzten Umbaus wurde der Brennraum erweitert, um die Verweilzeit des Gases im Katalysator zu erhöhen. Die Umrüstung erfolgte ohne öffentliche Förderung und wird nach Unternehmensangaben durch Einsparungen bei den CO₂-Zertifikaten finanziert.
Die Technik rechnet sich
Auf Nachfrage von top agrar betont Yara, dass sich die Investition wirtschaftlich getragen habe – dank eines CO₂-Preises von rund 100 € pro t zum Projektstart. „Die Rechnung war einfach: Bei 150.000 t CO₂-Einsparung ergibt sich ein Vorteil von 15 Mio. € pro Jahr“, so Höpfner.
Der nun weitgehend klimaneutrale Produktionsprozess bezieht sich jedoch bislang nur auf die Salpetersäureherstellung. Das eingesetzte Ammoniak wird weiterhin importiert, unter anderem aus Nordafrika und dem Nahen Osten. Langfristig plant Yara, auf kohlenstoffarmes („blaues“) oder vollständig erneuerbares („grünes“) Ammoniak umzustellen. In der Praxis fehlen allerdings bislang Skalierung und Nachfrage.
„Der Markt für grüne Düngemittel ist noch nicht entwickelt“, erklärt die Unternehmenssprecherin Mechthild Mohr. Sie spricht sich für ein standardisiertes, verlässliches System zur Kennzeichnung aus, damit es auch eine höhere Wertschöpfung für grüne Düngemittel geben könne.
Energieautarkie als nächstes Projekt
Yara International strebt Klimaneutralität bis 2050 an. Als nächsten Schritt plant das Werk in Poppendorf, einen Teil seiner zugekauften Energie zu ersetzen. Der Prozessdampf aus der Produktion soll künftig zur Stromerzeugung genutzt werden. Ein Drittel der Investitionskosten wird vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert.
Wettbewerbsdruck durch russischen Dünger
Das Unternehmen äußerte sich auch kritisch zur Wettbewerbssituation mit Düngemitteln aus Drittstaaten. „Produkte aus Russland, Belarus oder China haben einen deutlich höheren CO₂-Fußabdruck“, hieß es. Yara begrüßt daher die geplanten EU-Maßnahmen, die Strafzölle auf russischen Dünger vorsehen, wenngleich aus anderen Motiven (Krieg in der Ukraine).
Was ist N₂O?
N₂O ist Distickstoffmonoxid, das als unerwünschtes Produkt bei der Umwandlung von Ammoniak (NH₃) zu Salpetersäure (Ostwald-Verfahren) entsteht. Bei einer Temperatur von 860 °C bildet sich N₂O, das auch als Lachgas bekannt ist. Aufgrund seiner langen Verweildauer von 109 Jahren in der Atmosphäre trägt Lachgas deutlich mehr zur globalen Erderwärmung bei als CO₂. Bezogen auf 100 Jahre ist N₂O 265-mal klimaschädlicher als CO₂.
DeN₂O-Katalysator
Die DeN₂O-Katalysator-Technologie wurde vom Yara-Konzern entwickelt. Unterhalb des Brennerkorbs der Salpeteranlage wurde der Platz auf 300 mm erweitert, um das Katalysatorvolumen zu verdoppeln. Der Brennerkopf wurde verlängert und eine neue Stützstruktur verstärkt den gesamten Aufbau. Unter dem Brenner verlaufen eng aneinanderliegende Rohrleitungen, die den Prozess mit Dampf kühlen. Ein Lochblech deckt die Leitungen ab. Darauf liegen Tausende kleiner kobaltbasierter Katalysatorpellets, die von einem Netz aus Platin-Rhodium bedeckt sind.
Der Brennerdeckel verschließt das System fest. Bei 860 °C reagiert im Ostwald-Verfahren Ammoniak (NH₃) zu Stickstoffmonoxid (NO). Dabei entsteht als unerwünschte Nebenreaktion Lachgas (N₂O). Die Mini-Katalysatoren mit ihrer Kobaltbeschichtung zerstören das Lachgas direkt bei der Entstehung, indem sie es in Stickstoff und Sauerstoff zerlegen.