topplus Raiffeisentag 2025

Krisen, Kriege, Katastrophen: Muss der Agrarsektor resilienter werden?

Angesichts der globalen Unsicherheiten betont Generalleutnant Bodemann die Notwendigkeit für eine krisenfeste Wirtschaft. Er fordert die Agrarwirtschaft zur Vorbereitung auf mögliche Krisen auf.

Lesezeit: 4 Minuten

Die vergangenen Jahre waren alles andere als normal: Corona-Krise, der russische Angriff auf die Ukraine, Sanktionen und zusammengebrochene Lieferketten zeigten immer wieder, wie fragil die Versorgung mit Rohstoffen und Lebensmitteln sein kann. Und die nächsten Jahre versprechen in dieser Hinsicht keine Entspannung – im Gegenteil. Auch die Unternehmen der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft müssen sich wohl oder übel darauf einstellen.

„Ehrlich machen“

„Wir müssen uns ehrlich machen. Die Bedrohungslage ist real“, stellte Generalleutnant André Bodemann am Donnerstag auf dem Raiffeisentag 2025 in Berlin unmissverständlich klar. Der Stellvertreter des Befehlshabers des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr und Kommandeur Territoriale Aufgaben meint damit nicht zuletzt eine zunehmende Bedrohung der westlichen Staatengemeinschaft durch Russland.

Das Land hat sich nach seiner Darstellung in den vergangenen Jahren auf die Möglichkeit einer Konfrontation mit der Nato vorbereitet: Die russischen Streitkräfte seien reorganisiert und auf eine Zielgröße von 1,5 Millionen Soldaten ausgerichtet worden. Auch produziere das Land bis zu 1.500 neue Panzer pro Jahr, von denen nur ein geringer Teil in die Ukraine gehe. Und darüber hinaus werde die russische Bevölkerung von klein an auf einen Konflikt medial vorbereitet.

Abschreckung notwendig

Deshalb sei Abschreckung erforderlich, betonte Bodemann. Nicht, um einen Krieg des Westens vorzubereiten oder den „Spannungs- und Bündnisfall“ auszurufen, sondern in der Hoffnung, die geschaffenen Ressourcen nie zu benötigen. „Wir befinden uns nicht im Krieg, wir befinden uns auch nicht im Frieden, sondern irgendwo dazwischen“, betont der Generalleutnant. Das ändere aber nichts an der Notwendigkeit, militärisch oder bei der Energie- und Lebensmittelversorgung krisenfester zu machen: „Wir müssen uns gegen diese Bedrohung schützen. Wir müssen uns und unsere kritischen Infrastrukturen resilienter aufstellen.“

Laut Bodemann nehmen auch an anderen Stellen die Bedrohungen zu. Er blickt dabei auf asymmetrische Angriffe auf die zivile Infrastruktur, bei denen oft nicht einmal klar ist, wer dahinter steckt, Desinformation, Terrorismus oder auch die Risiken einer gesteuerten Migration, beispielsweise über Weißrussland. Allein dafür seien inzwischen an der polnisch-belorussischen Grenze rund 5.000 polnische Soldaten stationiert, verdeutlichte der Soldat.

Wer fährt im Krieg die zivilen LKWs?

Ihm zufolge haben Politik und Militär mit dem Operationsplan Deutschland – im Militärjargon OPLAN - diese Bedrohungen wehrtechnisch adressiert. Auf der zivilen Seite ist laut Bodemann aber vieles noch nicht geklärt. Für Lebensmittel- Dünger- oder Futterversorgung seien in dem Fall andere Bundesministerien zuständig. Und was ist mit den Mitarbeitern? Kaum einem Arbeitgeber sei überhaupt klar, welcher seiner Mitarbeiter bei der Feuerwehr, dem Zivilschutz oder in der Reserve sei, gibt der Militärexperte zu bedenken.

Er erinnert auch daran, dass in Deutschland 70 % aller LKW-Fahrer aus dem Ausland kommen. Im Kriegs- oder Krisenfall könne man mit diesen nicht rechnen – mit entsprechenden Folgen für die Logistik. Bodemann gibt deshalb den Rat eines Soldatenkollegen weiter, dass auch Unternehmen im Agrarsektor auf 100 Mitarbeiter mindestens fünf als Fahrreserve ausbilden lassen sollten.

„Zivilen Plan“ für den Krisenfall entwickeln

Resilienz ist nach seiner Überzeugung auch an anderen Stellen heute dringender denn je: Nötig sei letztlich ein ziviler Plan für eine krisenfeste Wirtschaft, da dies nicht geringen Einfluss auf die Wehrfähigkeit eines Landes habe. Bodemann verweist dazu auf die Ukraine, die auch nach drei Jahren eine Energie- und Lebensmittelversorgung herstelle und damit eine „gewisse Normalität“ aufrechterhalte.

Bodemann hält es auch aus diesem Grund für wichtig, einen konkreten „Zivilplan“ zu entwickeln, wo alle Ressourcen für eine krisenfeste Wirtschaft und den Krisenfall zusammengeführt werden. Viel sei in dieser Hinsicht schon in Bewegung gekommen, viel müsse aber noch passieren, „weil die Lage eben eine andere ist“.

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