Autorin: Janett Peschel, Big Dutchman International GmbH, Vechta 

Ist es möglich, Legehennen von Anfang an, das heißt vom Brutei kurz vor dem Schlupf bis zum Ende der Legeperiode in einem einzigen System zu halten? Ja, ist es, sagt Big Dutchman und verweist auf seine kombinierte Aufzucht-und Legevoliere Natura Life. Sie feierte im November 2024 auf der EuroTier Premiere. 

Bei der Entwicklung mit im Boot war die Familie Claessens-Jenniskens aus den Niederlanden. Der Name ist in der niederländischen Geflügelwirtschaft gut bekannt: Bereits seit 1985 beschäftigt sich der Familienbetrieb mit der Aufzucht von Junghennen und der Eierproduktion. 

Tierwohl

Das Interesse auf beiden Seiten war geweckt. Gemeinsam wurden die Anforderungen an eine kombinierte Voliere diskutiert und die technische Umsetzung in Angriff genommen. 

Schnell wurde klar: Das System musste in erster Linie eine Legevoliere bleiben, da nach rund 17 Wochen Aufzucht die Bedürfnisse der Legehennen klar im Vordergrund stehen wie z.B. ein optimales Nest für die Eiablage sowie richtig angeordnete Futtertröge und Nippeltränken. Daher wurde ein bestehendes Legekonzept als Basis genommen und versucht, so viele Anpassungen wie nötig für die Aufzucht und so wenig Änderungen wie möglich für die Legephase vorzunehmen. 

Praxistest

Bereits im Sommer 2023 wurde eine Versuchsanlage im so genannten „Eggsperience Center“ auf dem Betrieb Claessens installiert. Es begann eine sehr intensive Phase der Zusammenarbeit, in der Familie Claessens und das zuständige Big Dutchman-Produktmanagement die gesamte Aufzuchtphase beobachteten. Ziel war es, die Bedingungen für die Eintagsküken bis hin zur Junghenne so ideal wie möglich zu gestalten.

Diverse Fragen waren zu klären:

• Kommen die Küken leicht an Futter und Wasser?

• Ab wann können einzelne Bereiche der Voliere für die heranwachsenden Junghennen geöffnet werden, damit sie möglichst früh die gesamte Voliere kennenlernen und springen und fliegen lernen?

Natürlich waren einige technische Lösungen der ersten Versuchsanlage noch verbesserungswürdig. Nach verschiedenen Umbauarbeiten startete im März 2024 der nächste Durchgang mit rund 2.000 Tieren; die Brüterei Pluriton lieferte die Bruteier. 

Drei Tage später wurde eine Vergleichsgruppe aus demselben Schlupf in eine herkömmliche Aufzuchtvoliere der Familie Claessens eingestallt. So konnte sehr gut verglichen werden, ob sich die Junghennen im neuen System genauso gut entwickeln oder vielleicht sogar besser als in einer reinen Aufzuchtvoliere.

Ergebnisse

Der Vergleich ergab:

• eine überdurchschnittliche Gewichtsentwicklung in der Natura Life;

• geringe Aufzuchtverluste gegenüber der Vergleichsgruppe;

• schnelles Erreichen des vollen Leistungsniveaus sowie stabile Legeleistungen;

• eine Legeleistung, die sogar etwas höher ausfiel als in der Vergleichsgruppe.

Aus heutiger Sicht schlussfolgert Big Dutchman: Die Natura Life liefert mindestens ebenso gute Produktionsergebnisse wie eine separate Aufzucht. Dabei ist aber nicht nur die Technik entscheidend. Auch Faktoren wie Tierwohl, Hygiene, Nachhaltigkeit und ein professionelles Management sowie der regelmäßige Austausch mit Fachleuten spielen eine wichtige Rolle.

Entscheidende Vorteile auf einen Blick

Transporte entfallen

Die Tiere bleiben ihr Leben lang im selben Stall, so dass

• die Transporte von Eintagsküken oder Junghennen entfallen;

• Stallwechsel vermieden werden;

• eine Umstellung der Tiere auf andere Volierentypen nicht erforderlich ist;

• eine Umstellung auf andere Umweltbedingungen oder hygienische Verhältnisse ausbleibt.

Die Junghennen können sich beim Übergang in die Legephase unbeeinflusst von den störenden Herausforderungen des Stallwechsels und der Eingewöhnung in eine neue Umgebung entwickeln und sind dadurch ganz nebenbei auch einem geringeren Infektionsrisiko ausgesetzt. Aus ökonomischer Sicht entfallen zudem Transportkosten!

Tierwohl

Zu Beginn der Legephase muss keine neue Rangordnung aufgebaut werden. Die Tiere sind bereits mit ihrer Umgebung vertraut, das Nest für die Eiablage ist frühzeitig bekannt. Dies zeigt sich auch in der bereits erwähnten kontinuierlichen Gewichtsentwicklung in dieser für die Legehennen herausfordernden Haltungsphase. Das Futter kann langsam an den Bedarf der Tiere angepasst werden.

Natürlich hat jede Medaille zwei Seiten – das gilt auch für die Natura Life: Der Volierentyp eignet sich sicherlich nicht für alle Erzeuger, so der Hersteller weiter. Zu bedenken ist zum Beispiel, dass in den ersten 17 Wochen keine Eier produziert werden. Für kleinere Betriebe mit festem Kundenstamm kann das ein Problem darstellen.

Auch die Anforderungen an das Stallklima sind wesentlich differenzierter. Eintagsküken benötigen einen deutlich wärmeren Stall, was eine Heizung erforderlich macht. Zudem steigen die Ansprüche an den Produzenten und das Management: Er muss sich nicht nur in der Aufzucht oder in der Legehennenhaltung auskennen, sondern in beiden Bereichen ein Profi sein.

Vermarktung

Wer sich von der herkömmlichen Eiervermarktung abheben möchte, findet laut Big Dutchman in der kombinierten Aufzucht- und Legevoliere Natura Life eine interessante Nische: Das System stehe für ein hohes Maß an Tierwohl und Nachhaltigkeit. Als „geschlossenes System“ nutzt dieses Konzept die damit verbundenen Vorteile in ähnlicher Weise wie beispielsweise in der Schweinehaltung. 

Darüber hinaus sind die hochspezialisierten Strukturen in der alternativen Eierproduktion, wie wir sie in Europa kennen, in anderen Regionen der Welt nicht immer vorhanden, sodass dieses neue Konzept für Einsteiger in die alternative Eierproduktion eine von etablierten Strukturen unabhängige Möglichkeit bietet, heißt es.